gen Osten,  Türkei

Ağrı Dağı – Ararat

12.-16.7.2023

Morgens holt mich Cuma ab. Ich hatte genügend Zeit in dem Gartenhaus, das mir zur Verfügung steht, mein Handy, die Powerbank und die Stirnlampe zu laden, auch meine Sachen sind gepackt. Ich nehme meinen RackPack mit für die Sachen, die ich nachts im Camp benötige: Zelt, Schlafsack, Luftmatratze und warme Kleidung. Er wird von Packpferden transportiert. Ich selber trage meinen Rucksack mit Jacke, Wasser und Proviant. Erste Hilfe, Taschenmesser und Stativ dürfen natürlich auch nicht fehlen. Wir fahren zum Frühstücken in das Hotel, in dem die anderen Teilnehmer:innen untergebracht sind. Eigentlich wollte ich ja noch einen Beitrag in meinem Blog veröffentlichen, bevor ich mich auf die Expedition begebe, doch auch hier hat die Zeit dafür nicht gereicht…

Mit einem Minibus fahren wir circa 10 km an den Fuß des Berges. Hier sieht die Landschaft so aus, wie ich mir den Orient immer vorgestellt habe: gelbgrüne, hellbraune zerklüftete Landschaft, kleine Büsche zwischen Geröll, Hügel, kleine Bergketten und dazwischen ragt der große Ararat schneebedeckt, 3000 m über der Ebene in den Himmel! Mit mir im Auto sitzen Bekir und Ender, zwei wohlhabende, sehr gut englisch sprechende Türken, dazu eine Gruppe von Soldat:innen, die im internationalen Camp in Izmir stationiert sind. Drei aus Frankreich, drei aus Polen – eine bunte, lustige Truppe! Von der Hauptstraße biegen wir auf eine Schotterpiste ab. Asphaltstraßen werden hier von der PKK zerstört, da sie nicht möchten, dass sich die Soldaten schnell bewegen können. Wir passieren einen MilitärCheckpoint, der Ararat liegt im Grenzgebiet – hier stoßen die Türkei, der Iran, Armenien und die aserbaidschanische Enklave Nachitschewan zusammen. Bis 2001 war deshalb die Besteigung des Ararat noch verboten. Am Parkplatz angekommen wird unser großes Gepäck auf Pferde verladen und dann geht es los! Es ist heiß, hier gibt es keine Bäume, die Schatten spenden könnten. Zum Teil auf einer Schotterstraße, zum Teil über Trampelpfade steigen wir stetig bergan. Mit dem Fernglas kann man sowohl das Base Camp in 3200m auch das zweite Camp in 4300 m Höhe entdecken. Es gibt genügend Pausen, bei der ersten werden wir sogar im Schatten eines Zeltdaches mit Tee und kalten Getränken versorgt. Ender und Bekir sind zurückgefallen, wir anderen erreichen am frühen Nachmittag entspannt das Base Camp. Im Gemeinschaftszelt steht für uns ein Snack bereit: Linsensuppe, Melone, Nüsse, Obst und sogar Kirschen – ein Paradies!

Ender und ich sollen hier im Base Camp zu Cumas eigentlicher Gruppe wechseln, die von seinem Sohn geleitet wird. Den heutigen Tag bin ich mit einem Cousin von ihm gegangen (hier sind alle Bergführer miteinander verwandt). Nachdem Ender angekommen ist, machen wir uns also auf, den anderen Teil des Lagers zu erkunden, der circa 200m entfernt liegt. Hier ist es unübersichtlicher und größer. Bis zum Ende steige ich nicht ganz durch, welches Zelt zu welcher Gruppe gehört. Doch abends beim Essen treffe ich meine neuen Gefährt:innen: drei von ihnen kommen aus Spanien und vier aus der Ukraine.

Adam, Cumas Sohn, lädt mich ein, in seinem Zelt zu übernachten, „dann bräuchte ich meines nicht aufzubauen“. Ich habe vor, draußen ohne Zelt zu schlafen und lehne dankend ab. Er erzählt, dass er neben seinem Job als Bergführer Masseur in einem Hamam sei. Daraufhin lasse ich mich zu einer Massage überreden. Doch irgendwie habe ich auch hierbei ein ungutes Gefühl und breche das ganze ab. Ich bin wirklich oft ratlos, wie ich mich im Kontakt mit den Männern hier in der Türkei verhalten soll. Zu freundlich ist oft nicht gut, unfreundlich will ich auch nicht sein… Am sichersten fühle ich mich immer noch mit den Frauen, doch darauf kann ich mich nicht immer beschränken. Bei vielen Gelegenheiten habe ich mit Männern zu tun und die sind hier natürlich auch sehr verschieden, abhängig vom Bildungsgrad, der Herkunft, der Lebenserfahrung und natürlich auch von der Erziehung und Einstellung. Ich muss an mein Studium und das meiner Tochter denken, in denen vermittelt wurde, das interkulturelle Beziehungen sehr störungsanfällig sind. Genau das erlebe ich ja hier: eine interkulturelle Beziehung.

Die Nacht draußen ist wunderbar, etwas kühl, doch die Flasche mit warmen Tee im Schlafsack mildert die Temperaturen um den Gefrierpunkt. Wie von Ender versprochen haben wir fast Neumond, erst um 3 Uhr morgens geht eine sehr schmale Mondsichel auf. Ich liege lange und beobachte die Sterne: bewundere die Milchstraße, freue mich über Sternschnuppen, sehe bewusst Sterne auf- und untergehen. Trotz des wenigen Schlafes bin ich früh wach und begebe mich auf einen hohen Felsen um den Sonnenaufgang zu erleben. Hier sehe ich zum ersten Mal den dreieckigen Schatten, den der kegelförmige Ararat morgens weit in das Tal wirft. Und dann kommt die Sonne: ein greller Fleck über dem Bergrücken! Nach und nach kriecht das Licht über die einzelnen Lager und schließlich über meinen Fels. Es berührt mich sehr tief, so nah in der Natur zu sein.

Der Ararat ist ein wirklich beeindruckender Berg: ein Jahrtausende alter, erloschener Vulkan, mit 5165m höchter Berg der Türkei – das Wahrzeichen dieser Region. Fast unwirklich erscheint der weiße Riese, der sich aus der weitläufigen Steppe mit seinem Begleiter, dem kleinen Ararat (3925m), völlig frei in den Himmel streckt. Mehr als 1.000 Höhenmeter Unterschied trennen ihn vom zweithöchsten Berg des Landes, weshalb man von seinem Gipfel bis in die Tiefen des Iran und zum Kaukasus blicken kann. Der Ararat ist des weiteren von großer biblischer Bedeutung, da an ihm einst Noah mit seiner Arche nach der Sintflut wieder auf Grund gelaufen sein soll.

Ender geht es nach der Nacht nicht gut, so dass er und sein Freund, der ebenfalls einen Tag früher aufgestiegen war und Zeit hatte sich zu akklimatisieren, wieder zurückgehen. Er sagt: ihr hört den Ruf den Natur – ich werde von der Zivilisation gerufen!

Nach einem typischen türkischen Frühstück mit Käse, Tomaten, Gurken und Brot machen wir uns auf. Das große Gepäck wird wieder zu den Pferden gebracht. Heute ist der Weg steiler, wir steigen über einzelne Felsstufen, laufen viel über Geröll. Doch es bleibt immer noch ein recht einfacher Weg. Auch diese Gruppe hat ein gemütliches Tempo. Wir machen ausreichend Pausen und erreichen am frühen Nachmittag das zweite Camp in 4200m Höhe. Inmitten von Felsbrocken und Schnee ist der Platz für Zelte knapp. Es kommt zu hitzigen Wortgefechten zwischen Iranern und Türken. Ich werde auf einen noch leeren Standplatz hingewiesen und reserviere ihn mir mit Rucksack und Stöcken. Unser Lager mit Küche, Essenszelt und den anderen kleinen Schlafzelten liegt etwas abseits über ein Schneefeld hinweg. Mir gefällt es hier zwischen den Iranern sehr gut. Ich kann Kontakte knüpfen und bekomme Tipps für meinen Besuch in ihrem Land.

Adam braucht noch einmal ein deutliches Nein: ich möchte keine weiteren Massagen und auch nicht in seinem Zelt übernachten. Danach ist die Botschaft angekommen.

Bei der Buchung des Trecks hieß es damals, Essen ohne Fleisch sei kein Problem. Das ist es auch nicht! Die Guides nehmen jedes Mal freundlich den Hühnerschenkel von meinen Teller. Dann gibt es eben Reis 😊

Abends gehe ich noch einmal zum Lager der anderen Gruppe hinunter. Zum Abendessen gab es dort sogar Gemüse, von dem auch ich etwas abbekomme.

Die Nacht heute ist kurz: 0 Uhr wecken, 0:30 Uhr Frühstück, 1 Uhr Abmarsch. Wir gehen in zwei Gruppen. Ich soll mit den drei Spaniern und Devut zusammen als erstes gehen, Adam folgt mit den vier Ukrainer:innen. Langsam stapfen wir unter dem wolkenfreien, sternenklaren Himmel im Schein unserer Stirnlampen bergauf. Es ist kalt, doch größtenteils sind unsere Pfade schneefrei. Manchmal muss man gefährliche Eisflächen überqueren, denn tagsüber scheint hier die Sonne und taut den Schnee. Cristina ist ein wenig schwindlig, so dass der Guide eine Pause verordnet. Und wird schnell kalt, auch sie möchte weiter gehen. Davut will sicher gehen und sagt: „noch 5 Minuten“ und gibt ihr seine Handschuhe und Jacke. Mich juckt es in den Füßen, der Sonnenaufgang naht, den ich gerne auf dem Gipfel erleben würde. Als wir weiter gehen, gehe ich in meinem Tempo und bin den anderen schnell voraus. Adam sagte, der Weg wäre einfach und solange kein starker Wind herrscht, könne jeder so schnell gehen, wie er/sie möchte. Das Wetter ist wirklich perfekt! Wir sehen das erste Morgengrauen in greifbarer Nähe. Doch als ich denke ich sei oben, geht es noch einmal weiter. An einem Nebengipfel vorbei quere ich zu einem Sattel Richtung Osten und da: genau zur rechten Zeit schiebt sich die Sonne über den Horizont – wow! einfach unbeschreiblich! Vor elf Jahren war ich auf dem Kilimandscharo und nun der zweite Berg über 5000 m! Ich genieße hier eine halbe Stunde ganz alleine mit dem Berg und der Sonne, mache einige Fotos und lasse mich von den Sonnenstrahlen wärmen. Dann gehe ich zum Gipfel. Auf den letzten Metern gib mir Davut Zeichen, die Steigeisen anzulegen. Ein guter Tipp! Gleich geht es sich viel sicherer. Schnell bin ich oben angekommen und wir feiern gemeinsam unseren Erfolg mit der 360°-Sicht. Die Spanier möchten schnell wieder herunter. Auf mein Bitten lässt Davut mich hier oben bleiben. Weitere 20 Minuten bin ich ganz alleine und genieße es. Dann kommt auch die Gruppe mit Adam und den Ukrainerinnen an. Flaggen werden ausgepackt, Fotos gemacht und das Glück ein zweites Mal geteilt.

Irgendwann bin auch ich zufrieden und wir machen uns auf den Weg zurück zum zweiten Camp. Nun kommen uns die langen Schlangen der weiteren Menschen entgegen. Keine Ahnung, ob sie so viel später losgegangen oder wir so viel schneller waren. Das Erlebnis des Gipfels ist auch jetzt noch einmalig. Der Abstieg ist anstrengend, lange behalten wir die Steigeisen an und gehen auf den Schneefeldern. Bergab ist es so angenehmer und ungefährlicher als die Felswege mit Geröll. Ich werde müde, das Adrenalin lässt nach. Im Camp angekommen, das letzte Stück legen wir als Schlittenfahrt auf dem Hintern im Schnee zurück, können wir uns erholen. Bis die anderen Gruppen zurückkehren dauert es eine Weile, dass schenkt Zeit für ein kurzes Schläfchen. Danach gibt es ein zweites Frühstück. Wir packen unsere Zelte und Schlafsachen, die Pferde warten schon.

Hier in Camp Zwei sind die Probleme des Ararat noch offensichtlicher: der Müll und die Toiletten. Im BaseCamp gab es noch einfache StehToiletten (wobei ich auch nicht weiß, wann und wie diese geleert werden), im Second Camp gibt es für die über 100 Menschen, die hier jeden Tag auf ihren großen Gipfel warten, nur die Steine… Man kann sich leicht überlegen, was hier so hinterlassen wird. Die Verantwortung schieben die Guides auf die Stadtverwaltung ab: die Bergwanderer würden ja schließlich für das Permit bezahlen, also wäre die Stadt zuständig. Für den Müll sieht man zumindest ab und zu Sammelstellen, die wohl von Militär abtransportiert werden. Doch es gibt auch verkohlte Stellen, wo Müll verbrannt wurde. Gegessen wird von Styroportellern mit Plastikbesteck, abgewaschen wird im Fluss. Hier gibt es noch einiges zu tun! Die Vorschriften und Strategien in Afrika waren schon damals fortschrittlicher.

Der Abstieg zieht sich hin. Ich verbringe eine weitere Nacht im Base Camp, lasse meine neue Gruppe ziehen. Ich möchte den Berg noch genießen und sehe keinen Grund alles in einem Stück abzusteigen. 3000 Höhenmeter sind eine ganze Menge. So stoße ich wieder zu der ersten Gruppe und wir haben noch viel Spaß zusammen. Sehr interessant so viel über das Soldaten:innenleben zu erfahren! Doch schließlich sind auch wir zurück in der heißen Steppe, das letzte Stück im Jeep und dann wieder im Haus von Cuma. Duschen, Wäsche waschen, schlafen!

Am nächsten Tag will ich mich eigentlich ausruhen und endlich mal meine Berichte schreiben. Doch wie so oft kommt es anders: Ayşe sagt, sie fahren in ihr Dorf und ich würde mitkommen. Okay, ich bin gespannt und gehe mit ihnen durch den Hinterhof zu dem Nachbarhaus. Hier stehen eine Menge Schuhe in allen Größen auf der Veranda, ein Kind nach dem anderen kommt aus der Tür. Ich halte das Baby auf dem Schoß und fühle mich so in dem Gewusel nicht mehr ganz unnütz. Der Schulbus vor dem Hoftor wird beladen mit Stühlen, Gaskochern, Töpfen und vielen Menschen. Inzwischen ist mir klar, dass das Ganze kein einfacher Besuch im Dorf ist. Ich fühle mich zwischen den ganzen Ballroben etwas underdressed, bin froh zumindest eine Jacke und meinen Buff als Kopftuch dabei zu haben. Wir fahren genau den Weg zum Ararat, den wir auch zum Start der Wanderung genommen hatten. In dem Dorf am Fuße des Berges wird gehalten. Ein einfaches Lehmhaus wird heute von hunderten Menschen bevölkert. Immer mehr Autos kommen an, Erwachsene und Kinder quellen hinaus, der Schuhhaufen im Vorraum wird immer größer. Ich verliere schnell meine Familie, die in die Vorbereitungen eingebunden ist. Doch bleibe ich nicht lange alleine, einige Mädchen kommen sehr neugierig auf mich zu. Wir haben viel Spaß, sie erklären mit die Veranstaltung (eine Verlobung) und bringen mich zur richtigen Zeit zu den wichtigen Stellen (dem Einzug des Paares, Übergabe der Gold- und Geldgeschenke, Verteilen von Nüssen alsGastgeschenke, Essen der Frauen, Tanz im Hof, Toilette…).

Später am Nachmittag bin ich in einer Gruppe jüngerer Frauen gut aufgehoben und spiele noch ein wenig mit dem Baby. Inzwischen ist auch mit klar, dass die Braut zur Familie gehört und wir bis zum Schluss bleiben werden. Da hier alle bis auf einige Ältere auf dem Boden sitzen und von Plastiktellern gegessen wird, geht das Aufräumen recht zügig.

Was für ein Tag! Voller neuer Eindrücke und mit einigen neuen WhatsApp und Instagram-Kontakten falle ich müde auf meine Luftmatratze.

Den kommenden Tag verbringe ich ohne Gepäck in der Stadt. Ich liebe es mit dem Fahrrad durch die Straßen zu fahren, nur die Geschäfte anzugucken und die andere Art des Lebens zu schnuppern. Kinder ruf mir freundlich „hello, hello“ zu, manchmal hört man ein leises „my name is XX“. Die Straßen sind voll, ich kann nicht entscheiden, wer hier wohnt und wer als Tourist in der Stadt ist. Innerlich merke ich jedes Mal wenn ich so genannt werde, dass die Bezeichnung „Tourist“ für mich eher eine Beleidigung ist. Doch den Beigeschmack, den dieses Wort im Deutschen hat, hat es hier nicht. Ich bin eine Touristin – auf der Reise.
In der Stadt versuche ich, den Schneider zu finden, den mir Ayşe empfohlen hat, um meine SoftshellHose zu reparieren, in die ich mit den Steigeisen ein großen Winkel gerissen habe. Als ich ihn nicht an der beschriebenen Stelle finde, frage ich bei einem Frisör. Dieser macht sich mit mir auf den Weg und führt mich zu einem kleinen Geschäft im Hinterhof mit einem freundlichen Mann, der sagt, ich könne in 1 Stunde wiederkommen und die Hose abholen. Als ich nach dem Preis frage, scherzt er: 150 $. Ich lache höflich. Doch weiß ich immer noch nicht, wie teuer die Arbeit sein wird und vertraue einfach mal auf die landesüblichen, günstigen Preise. Die Wartezeit nutze ich für ein Beinwaxing, sowie Maniküre und Pediküre. Ich lasse es mir richtig gut gehen! Auch als ich zurückkomme, will der Schneider nicht so richtig mit dem Preis rausrücken. Ich verstehe es nicht ganz, aber ich glaube, er hofft auf Dollar. Weil ich keine bei mir habe, halte ich ihm mehrere Lira-Scheine hin. Er nimmt sich den Zwanziger und wir beide sind zufrieden.

Nachdem ich noch einmal vergeblich versucht habe, meine MagdiSimkarte aus Georgien in der Türkei zu nutzen, fahre ich zurück und hole mein Gepäck aus dem Haus von Cuma. Dann besuche ich Zeliha, die ich auf der Feier gestern kennen gelernt habe, im Haus ihrer Schwester, wo sie gemeinsam mit der Oma auf ihre Nichten aufpasst. Die Mutter ist mit dem dritten Drilling im Krankenhaus zu einer kleinen Operation. Ich freue mich sehr über solche Begegnungen. Durch sie bekomme ich einen Ausschnitt mit, wie Menschen hier wirklich leben. Zeliha hat einen Freund in Deutschland. Wann sie sich jemals wieder sehen oder zusammen leben können, ist ungewiss. In dieser Gegend – eigentlich der ganzen Türkei – wird viel geraucht, selbst bei der Maniküre bietet mir die Kosmetikerin eine Zigarette an. Als ich höflich ablehne, raucht sie selber völlig selbstverständlich bei der Arbeit. Auch in Gegenwart der kleinen Kinder wird bedenkenlos geraucht. Ins Bett gebracht werden die Einjährigen mit einer Milchflasche, die vorher mit mehreren Stücken Zucker schmackhaft gemacht wird.

Als es zu dämmen beginnt, mache ich mich auf: mein Ziel ist der Ishak-Pascha-Palast. Eine Burg, zwischen 1685 und 1784 mit Einflüssen seldschukischer Moscheen, armenischer Kirchen und des osmanischem Stils dieser Zeit erbaut. Für ihn muss ich auf 7 km 300 Höhenmeter erklimmen. Dies ist anstrengend, doch das langsame Kurbeln gibt mir Zeit zum Denken: was war das für eine ereignisreiche Woche! Nach dem Trampen, Ararat erklimmen, Hochzeit feiern, freue ich mich nun auf ruhigere Zeiten. Diese brauche ich immer wieder, um Sachen für mich zu durchdenken und integrieren zu können. Hier fühle ich mich nun wirklich weit gereist: die Landschaft erinnert an den Orient, so habe ich mir immer den Iran vorgestellt. Und ich habe noch ein weiteres halbes Jahr! Ich bin aufgeregt und gespannt, was mich in dieser Zeit erwartet. Ich finde einen wunderbaren Schlafplatz in meiner Hängematte in einem kleinen Wäldchen unterhalb des Palastes. Am Abend ist ein heftiger Wind aufgezogen, so dass ich diesmal nicht vor Regen, sondern vor herabfallenden Ästen Schutz in einem Picknickpavillon suche.

6 Kommentare

  • Michael Weisker

    Nach langer Zeit mal wieder der sehnsüchtig erwartete Bericht über interessante Abenteuer. Dann wünsche ich der Touristin auf Reise weiterhin viel Spaß 😉

  • Kathrin

    Was für ein einzigartiges Erlebnis,schon das Lesen hat Gänsehaut verursacht! Wie muss die Besteigung des Berges nebst Sonnenaufgang da wohl wirklich gewesen sein….Ich wünsche dir weiterhin viele wunderbare Erlebnisse.

  • Papa

    Danke für den wunderbaren Bericht über die Ararat Besteigung. Vor 11 Jahren waren wir gemeinsam auf dem Kilimanjaro (5900m). Du hast sicherlich auch daran gedacht. Damals habe ich Beamer Vorträge mit Picasa über unsere ‚Expedition‘ gehalten. Schön dass Du jetzt die neuen digitalen Möglichkeiten so fantastisch ausnutzen kannst. Weiter alles Gute für Deine Tour!
    Papa

  • Margrit Timmann

    Liebe Tochter Anke, ich staune und freue mich über deine Gipfelstürmung. Danach der Genuss, mit Zeit und Ruhe den Gipfel für dich zu genießen.
    So viele Schritte getan, um gut und gängig dieses Erlebnis zu haben… Glückwunsch von Mama

  • Richard

    Hallo Anke,
    Ich bin beeindruckt von Deiner Energie und von Deiner Kondition und Deinem Durchhaltevermögen. Nur so kann man gepaart mit Einfühlvermögen, Freundlickeit und einer Portion Menschenkenntnis all diese Abenteuer sehr gut überstehen.
    Weiter so! Ich bin gespannt auf Deine nächsten Berichte.
    Viele liebe Grüße
    Richard

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