gen Osten,  Türkei

Kapadokien

28.5.- 1.6.23

Nach Aksaray entschließe ich mich Richtung Selime durch die Ihlaraschlucht zu fahren. Ich hatte gehört, dass diese Strecke sehr schön sein sollte und gönne mir den Schlenker durch die Berge. Links und rechts der Straße gestalten Fels-Abbrüche die Landschaft sehr abenteuerlich. Ich befinde mich in circa 1300 m Höhe auf einem Hochplateau. Wie der Erciyes Dağı für Zentralkappadokien, so ist der Hasan Dağı, dessen Kegel mich am Horizont die letzten Tage begleitet hat, mit seinen Eruptionen ursächlich für die Tuffsteinlandschaften des westlichen Kappadokien verantwortlich, insbesondere hier um Aksaray und für das Ihlara-Tal. Eine mehr als 8600 Jahre alte Wandmalerei aufs dieser Gegend, die Häuser der vorgeschichtlichen Siedlung Çatalhöyük und im Hintergrund den ausbrechenden Vulkan zeigt, gilt als eine der frühesten Darstellungen vulkanischer Aktivität überhaupt. Sie wird mit einer Eruption des Hasan Dagi um ca 7000 v.Chr. in Verbindung gebracht, die zeitlich gut zur Besiedlung passt. Das Vulkangestein ist hier sehr weich, so dass zum einen Flüsse tiefe Schluchten gegraben haben, zum anderen Menschen die Felsen für Häuser, Ställe, Kloster und Kirchen aushöhlen konnten. 

In Selime beginnt der Tourismus von Kapadokien mit Restaurants, Cafés und Straßenständen mit frisch gepresstem Saft aus Orangen und Granatäpfeln. Ein Highlight der Stadt ist neben der berühmten Kathedrale und dem Anfang der 13km langen Ihlara-Schlucht die Grabstelle (Türbe) des Sultan Selim aus dem 13. Jahrhundert (nach dem die Stadt benannt ist). Nachdem ich hier die Felskathedrale besichtigt habe, warte ich in einem Souvenircafé einen Regenschauer ab. Diesmal bin ich so schlau und frage vorher nach dem Preis für einen Tee: 20 Lira! „Çok pahalı!“ (zu teuer!) Ich schnalze mit der Zunge – das habe ich mir inzwischen abgeschaut. Sofort heißt es: „Für dich natürlich nur 5 Lira“. Im Regen ist nicht viel los, so komme ich mit den Kellnern ins Gespräch. Ich bekomme einige Tipps für die Weiterreise und eine Einladung hier kostenlos die Nacht zu verbringen und abends mit dem charmanten Inhaber samt einer Flasche Wein in die heißen Quellen zu gehen. Ich lehne dankend ab, es ist noch früh am Tag, ich möchte weiter fahren und habe keine Lust auf unerwünschte Entwicklungen…

Kappadokien ist wirklich eine faszinierende Gegend, deren einzigartige Landschaft vor 60 Millionen Jahren von der Natur geschaffen wurde. Die ersten Siedlungen hier wurden im fünften Jahrtausend vor Christus registriert. Die meisten der menschengemachten Sehenswürdigkeiten sind ab dem 1. Jahrhundert vor Christus entstanden. Kappadokien war lange Zeit Teil verschiedener Staaten – Rom, Persien, Osmanisches Reich. Da es in der Bibel erwähnt wird, kommen Pilger aus verschiedenen Teilen der Welt hierher. Die Haupteinnahmequelle für dieses historische Zentrum war früher der Sklavenhandel mit Rom.

Warum nun begannen die Menschen hier, für ihre Häuser uns Kirchen den Fels auszuhöhlen?

  • In dieser Region gibt es praktisch keine Bäume, aus denen sie hätten Häuser bauen können.
  • Das Vulkangestein hier, der Tuff, ist sehr weich und einfach zu bearbeiten. Aus diesem Grund kamen auch im Laufe der Geschichte viele Mönche hierher, die sich relativ einfach und schnell eine kleine Asketenzelle in einen der Felsen bohren konnten.
  • Aufgrund der geografischen Lage war Kappadokien ständig ausländischen Eroberungen ausgesetzt, deshalb mussten sich die Einheimischen oft in Höhlen und unterirdischen Städten verstecken.
  • Die Wohnhöhlen besitzen den Vorteil, dass sie einen guten Schutz vor Witterungseinflüssen bieten. In den Sommermonaten wird das Innere vor zu starker Hitzeeinstrahlung geschützt und in den oftmals kalten Wintern verhindert das Tuffgestein eine starke Auskühlung.

In Kappadokien begann sich das Christentum aktiv zu entwickeln. Bis zum 11. Jahrhundert wurden etwa 3000 Kirchen aus dem Stein gehauen. Heute noch können in den Tälern unzählige große und kleine Kirchen mit Resten antiker Fresken nach biblischen Themen in den Felsen besichtigt werden. Während der Eroberung Kappadokiens durch die Osmanen wurden in fast allen Fresken die Gesichter zerstört. Da Muslimen die Darstellung von Menschen und Pflanzen in der Religion verboten wird, haben sie jedes Gesicht im Wandbild entfernt, um die Seele aus den Bildern zu befreien.

Die Gegend hier ist gigantisch! Ich kann mich gar nicht satt sehen. So schaffe ich nicht mehr viele Kilometer, eine Kirche und eine unterirdische Stadt reiht sich an die andere, ich halte oft an für Besichtigungen oder zumindest um Fotos zu machen.

In Belesırma erreiche ich den tiefsten Punkt der Schlucht unten am Fluss Melendiz, der früher ein großer Strom, heute eher ein ruhiger Wasserlauf ist. Frischer Fisch wird gegrillt in kleinen Restaurants angeboten, gegessen wird er über dem Fluss auf gemütlichen Podesten, die ebenfalls zum Teetrinken einladen. Doch es regnet und für einen Schlafplatz ist es noch zu früh, ein Problem wäre es nicht, die Plattformen werden mir zum Schlafen angeboten – kostenlos, wahrscheinlich rechnet es sich mit der erhofften Einkunft über das Restaurant.

Als ich freundlich ablehne, werde ich von Meryem in ihre Küche zu einem Tee eingeladen. Sie kocht im Restaurant ihres Onkels, vier Kinder von ihr spielen hier herum beziehungsweise sitzt Güneş, das vierte, noch in der Babywiege. Das zweitjüngste Mädchen spielt mit einem sechs Wochen alten Kätzchen, das hier ohne Mutter aufwächst. Ich wärme mich am Ofen, trockne meine Jacke und unterhalte die beiden kleinen Mädchen. Als der Regen nachlässt mache ich mich auf, bekomme noch ein halbes Brot mit zwei Tomaten und Gurken mitgegeben und erklimme das Steilufer gegenüber. Teilweise ist es so steil, dass selbst das Schieben kaum möglich ist. Der Himmel klart auf, meine Regensachen trocknen. Einige Kilometer weiter finde ich einen Schlafplatz, der definitiv in meiner Top Ten landet: in der Nähe eines Stausees liegt die festungsartige Yüksek Kilise (=Hochgestellte Kirche) aus dem 19. Jahrhundert auf einen Solitärfelsen. Der Ausblick über das Tal auf den Vulkan berauscht mich. Noch lange sind aus dem Dorf gegenüber die Freudenfeste zum endgültigen Wahlsieg Erdoğans zu hören, samt Autokorso und Feuerwerk.

Am nächsten Tag fahre ich nach einem gemütlichen Morgen in der Sonne auf meinem Felsen in die naheliegende Stadt Güzelyurt, hier soll heute Markttag sein. Gerade noch rechtzeitig erreiche ich den Marktplatz, genieße die lebendige Stimmung und versorge mich mit Obst und Gemüse. Danach habe ich Zeit die Gegend zu erforschen: Bis Anfang des 20. Jahrhunderts war Güzelyurt unter dem Namen Gelveri von Griechen besiedelt. In dieser Zeit entstanden über hundert Kirchen. Nachdem die griechischen Bewohner 1923 im Rahmen des griechisch-türkischen Bevölkerungsaustauschs ausgesiedelt worden waren, wurden hier türkische Familien aus den griechischen Städten Kastoria und Kozani angesiedelt, die dem Ort den Namen Güzelyurt (=Schöne Heimat) gaben. Im Süden des Ortes liegt das 4,5km lange Klostertal (Manastır Vadısı) mit zahlreichen Höhlenkirchen und in den Tuffstein gehauenen Klosterkomplexen samt Gärten für die Selbstversorgung. Ich entdecke mehrere unterirdische Städte, zwar nicht ganz so groß wie die berühmte in Derinkuyu, doch dafür bin ich ganz alleine in ihnen. Ein wenig mulmig ist mir schon, als ich mich durch enge Gänge, Kamine und Tunnel zwänge. Doch mich beruhigt der Gedanke, dass jemand abends mein Fahrrad sehen und mich suchen wird, falls mir etwas passieren sollte.

Nachmittags fahre ich durch ein weiteres bekanntes Touristenzentrum: Uçhisar. Schon von weitem ist der markante 60 Meter hohe Burgfelsen zu sehen. Die zahlreichen unterirdischen Gänge und Räume, die heute größtenteils zugeschüttet sind, dienten früher als Wohnräume, in byzantinischer Zeit auch als Kloster. Ursprünglich lebten im Burgfelsen etwa 1000 Menschen, heute ist der Felsblock unbewohnt. Die Stadt wurde im 14. Jahrhundert erstmals erwähnt. Bereits die Hethiter sollen die natürliche Beschaffenheit der Felsen als Standort und Rückzugsort gegen mögliche Angriffe genutzt haben. Einige Jahre später wanderten Gruppen von Persern und Makedonier in das Gebiet ein. Im 15. Jahrhundert errichteten die Byzantiner hier eine sogenannte „Filterzone“, die die islamischen Einfälle verhindern sollte. Die besondere Bodenbeschaffenheit erleichterte die Verteidigung, während die Tarnung der Gebäude einen zusätzlichen Schutz gegen Angreifer darstellte. Auch die Muslime nutzen nach der Eroberung des Gebiets diese Verteidigungsmöglichkeiten aus.

Ich fahre durch die kleinen Straßen und genieße die lebendige Atmosphäre, noch mehr aber den Ausblick über das mich erwartende Kapadokien. Kleine Restaurants, Straßenstände mit Souvenirs und viele Kleinbusse bereiten mich langsam auf den Touristenrummel vor, der hier an vielen Orten herrscht. Vor der Dämmerung fahre ich weiter, um einen Schlafplatz am Rande des Love Valleys zu finden. Der Blick auf die Farb- und Schattenspiele der Felsformationen im Tal während des Sonnenuntergangs ist unbeschreiblich. Kaum habe ich Lust zum Kochen und Essen so viel gibt es zu sehen: Ein Land, wie im Traum erschaffen, wie von einem anderen Planeten! Voller abstrakter und figürlicher Formen: Kegel, Obelisken, Vögel, Pilze, menschliche Köpfe, Feen, Schlösser…

Die turmähnlichen „Feenkamine“, die hier die Landschaft prägen, sind entstanden, als durch Vulkanausbrüche vor gut 20 Millionen Jahren die Gegend mit einer viele Meter dicken Schicht aus Staub, Asche und Gestein bedeckt wurde. Hieraus bildete sich im Laufe der Jahrmillionen der sehr weiche Tuffstein, der in der Folgezeit durch Erosion wieder abgetragen wurde. An jenen Stellen, an denen über der Tuffschicht härteres und somit beständigeres Gestein abgelagert wurde, blieb der darunter liegende Tuffstein stehen. Diese Gebilde, überwiegend mit einem aufliegenden und schützenden Deckstein versehen, können eine Höhe von 30 Metern und mehr aufweisen und erinnern optisch häufig an Spargelstangen oder an Phallussymbole, daher auch der Name Love Valley 😉. Seit mehreren tausend Jahren wurden sie zum Teil ausgehöhlt und als frühchristliche Kirchen und zu Wohnzwecken genutzt. Bewohnte Feenkamine besitzen kleine, aus dem Gestein gehauene Fensteröffnungen, die Wohnräume können sich über mehrere Etagen erstrecken, die mit Leitern verbunden sind.

Früher als gedacht höre ich morgens um kurz nach vier das erwartete Geräusch: mit lautem Fauchen füllen die Gasbrenner große Ballons mit heißer Luft. Ich stehe schnell auf und genieße den Anblick der überall aufsteigenden und fahrenden Ballone. Zigtausende Menschen werden hier jeden Morgen in die Luft befördert, 200-300€ kostet die Fahrt pro Person – ein gigantisches Business… Ich genieße den Anblick von unten, kostenlos und doch unbezahlbar!

Nach zwei Stunden ist das Schauspiel vorbei, ich lege mich noch einmal kurz in den Schlafsack. Später mache ich mich auf nach Göreme: Der Ort ist Zentrum des Nationalparks Göreme, der zusammen mit anderen Felsendenkmalen von Kappadokien seit 1985 zum UNESCO-Welterbe gehört. Hier findet man älteste christliche Kirchen und Kapellen mit byzantinischen, armenischen und griechischen Einflüssen. Fast alle sind stark beschädigt. Die Touristen kommen trotzdem! Kappadokien gehört zu den Ausflugzielen jedes Reiseanbieters in der Türkei und außerhalb. Von Istanbul und dem Mittelmeer kommen die Menschen per Bus, ansonsten auch per Flugzeug. Ich bin von Menschenmassen meist sehr angestrengt, hier geht es eigentlich. Vielleicht gehört es einfach dazu? Die ganze Umgebung hat etwas von Disneyland: Essen und Trinken, Ballonfahrten, Jeeptouren, Quadfahrten, Reiten auf Pferden und Kamelen, Foto stationen…

Ich verbringe einige Zeit in einem Restaurant in einer Seitenstraße. Der Kellner verspricht mir eine Steckdose an Tisch, damit hat er mich! Ich lade alle Powerbanks und sonstige Stromgeräte, genieße einen „echten“ Lahmacun und viel Tee. Dabei schreibe ich einen Bericht und lade vor allem Fotos im Wi-Fi hoch. Nach einiger Zeit macht mich der Kellner auf Menschen aufmerksam, die mein Fahrrad begutachten. Ich gehe auf die Straße und treffe Trisha und Paul aus England. Auch sie sind auf einer Radreise, genießen jedoch hier die Tage zu Fuß. Die Zeit bis zu ihrem letzten Bus verbringen wir mit noch mehr Tee und regem Austausch. Es ist immer wieder schön, Menschen zu treffen, die gerade dasselbe tun. Das gibt mir mehr als nur Tipps für die weitere Strecke 🥰!

Bevor es Abend wird mache auch ich mich auf. Heute will ich zum Red Valley. Die Straße geht bergan, Cafes und Andenkenstände säumen den Weg. Ganz oben, bevor nur noch Pfade über die Felsen kommen, haben die Buden schon geschlossen. Nur die Toilette bleibt die ganze Nacht geöffnet und erst am nächsten Morgen kommt der Mann, der die 5 Lira Gebühr kassiert. Ich nutze die Tische auf der überdachte Terrasse, um beim Regenschauer die Hälfte meiner Melone zu essen, dann finde ich zwei Bäume an der perfekten Stelle: direkt an der Kante in den Canyon! Hier spanne ich meine Hängematte auf und genieße den Sonnenuntergang, der das Tal mit seinen skurrilen Felsformationen in immer anderen Rottönen verzaubert, jeder Stein ein Zeuge der Vergangenheit… „Bloß nicht zur falschen Seite aus der Matte steigen!“, schärfe ich mir noch vor dem Einschlafen ein.

Auch an diesem Morgen begeistern mich die immer wechselnden Bilder der fahrenden Ballons und der Felsen im Sonnenaufgang. Ein Pärchen kam mit Datteln und Tee zum romantischen Frühstück, ansonsten bin ich hier ungestört. Als später die Stände nach und nach ihre Klappen öffnen und Auslagen dekorieren, möchte ich mir einen Kaffee gönnen. Doch der Preis ist hier wirklich zu touristisch auf die erwarteten Busladungen ausgerichtet, so dass ich dankend ablehne. Die Inhaber des Standes nebenan bekommen dies mit und winken mich heran. Wir teilen ihren Kaffee und meine Wassermelone zu einem unterhaltsamen Frühstück. #leatherinredvalley – Danke nochmals! Euer Schmuck ist wirklich schön!

Mein Fahrrad lasse ich heute irgendwo stehen, klettere die Klippen herab und wandere durch das Tal. Eine Felskirche mit einem sehr freundlichen Wächter, der mich später während eines Regenschauers in sein Büro einlädt. Frauen, die über einem Holzfeuer in einem riesigen Topf Tomaten-Paprika-Soße für das ganze Jahr einkochen. Und natürlich die Felsen – all das reizt mich mehr zu entdecken als die hier sehr teuren „Attraktionen“. Am späten Nachmittag mache ich mich auf die Suche nach der Tochter meiner ehemaligen Nachbarin, der bekannten Fotografin Frau Wegner. Schon lange wusste ich, dass ihre Tochter Almut in Kappadokien lebt. Und tatsächlich finde ich sie in Uçhisa. Sie lebt hier als Künstlerin und von der Vermietung einiger Zimmer an einem wunderbaren Ort, einem historischen Gasthaus (Konan). Eine ihrer Töchter ist gerade ebenfalls hier. Vier der sechs Kinder leben immer noch in der Türkei. Es ist spannend und inspirierend von ihrer Geschichte der Auswanderung zu hören, vor der digitalen Zeit, als Frau mit drei Töchtern in die Türkei.

Abends will ich im Dorf den Regenschauer abwarten, den es bisher jeden Abend gab. Ich finde einen Carport neben einem Jeepverleih, der sogar eine Steckdosen hat. Mein Abendessen hier ist trocken und sehr gemütlich. Gegen 20:30 Uhr fahre ich unter den letzten Regentropfen zu dem Platz auf den Klippen, den ich mir für heute ausgesucht habe. Der Weg ist beschwerlich: steile Rampen durch die Sandkuhlen, in denen die Jeep- und Quadtouren der Touristen durchgeführt werden. Als ich ankomme, sehe ich kurz vor der Abbruchkante ein rotes Licht, kurz danach ein Zelt: der Platz ist schon belegt! Seit Istanbul habe ich keinen einzigen Radreisen getroffen und heute gleich zwei Mal! Andras, geboren in Budapest, aufgewachsen in der Schweiz, hat schon an vielen Radrennen über lange Distanzen teilgenommen, quer durch Amerika, von Italien ans Nordkap… Dies ist nun seine erste Trekkingtour mit Gepäck, deswegen hat er seinen sonst üblichen Tagesdurchschnitt von 240 km auf die Hälfte reduziert. Anfang Mai losgefahren ist er nun schon hier. Wie immer genießen wir beide den Austausch. Woher? Wohin? Was sind deine Erlebnisse? Was hat sich bewährt, was hast du entdeckt? Auch sein Ziel ist das Pamir-Gebirge, doch fährt er anders als ich, direkt aus der Türkei in den Iran und fliegt dann nach Kasachstan.

Wir essen gemeinsam und reden noch lange. Morgens genießen wir bei einem Kaffee seinen ersten und meinem letzten Sonnenaufgang mit den Ballons, heute fast ohne Wolken!

Viele der Feenkamine und Tuffgebilde haben eigene Legenden, so auch die drei, die zum Symbol Kappadokiens geworden sind „die drei Schönheiten“: Der König von Kappadokien hatte einmal eine Tochter und sie verliebte sich in einen Hirten in der Region. Der König verweigerte eine Heirat seiner Tochter mit dem Hirten, aber die Prinzessin heiratete ihn doch. Der Hirte und die Prinzessin bekamen ein Kind, aber der König verzieh seiner Tochter nicht, obwohl er ein Enkelkind hatte, und versandte seine Soldaten, um die ganze Familie zu töten. Gerade als sie getötet werden sollten, bat die Prinzessin Allah um eine Rettung. Alle drei sollen sich in diesem Moment in Stein verwandelt haben.  
Heute will ich nach drei Tagen hier weiter fahren. Es fällt mir nicht leicht, mich von dieser Gegend zu trennen, es ist einfach zu schön, hier mit dem Fahrrad herum zu rollen. Doch ich möchte weiter und bin sicher, dass gerade auch die kommende Strecke viele Schönheiten bieten wird!

Als letzten Ort in Kappadokien habe ich mir Zelve ausgesucht. Das Areal hier besteht aus drei Tälern, deren Wände komplett mit Höhlen durchzogen sind, die von den Bewohnern in den weichen Tuffstein gehauen wurden, darunter sind Wohnungen, Wirtschaftsräume, Kirchen und ein großer Klosterkomplex. Fast alle Räume sind untereinander durch Gänge und Stollen verbunden, die zum Teil durch die für kappadokische Höhlen typischen Rollsteine verschließbar sind. Die Begehung ist nicht einfach, bei den äußeren Zugängen handelt es sich manchmal um steile Treppen oder auch nur um Griffschalen, die in senkrechte Wände geschlagen sind. Die inneren Verbindungen sind enge Gänge, die teilweise auch senkrecht durch den Felsen gehen und ebenfalls nur über Tritt- und Griffmulden zu besteigen sind.  

Ich bleibe auch heute außerhalb des Museumsgeländes, hier gibt es genug zu sehen und zu erforschen. Ich spreche den einzigen Menschen an, der außer mir herum läuft und bitte ihn ein Foto von mir zu machen. Guy aus Amerika freut sich sehr und bedankt sich später ausdrücklich für unsere Begegnung. Das ermutigt mich, mit diesem Wunsch in Zukunft offener zu sein. Meist ist mir diese Frage peinlich und ich habe die Befürchtung, die anderen damit zu stören. Noch eine Sache mehr, die ich von den wunderbaren drei Tagen in Kappadokien mitnehme. Aber nun geht es weiter nach Nordosten: die Eltern meiner Freundin Handan erwarten mich am Schwarzen Meer!

8 Kommentare

  • Birgit Krebs

    Liebe Anke,
    Was für eine märchenhafte Gegend. Ein Blick schöner als der Andere. Danke dafür! Ich wünsche dir weiter freundliche Begegnungen. Danke für die Bilder! Frage: was ist ein echter Lamacun?

    • KAHo

      Lahmacun wird in Deutschland meist gerollt und mit Salat in der Mitte gegessen. Hier bleibt er flach und knusprig, wie eine super dünne Pizza und ist sehr lecker gewürzt.

  • Richard

    Hallo Anke,
    Wahnsinn, was Di alles machst. Das mit den vielen Ballons ist sehenswert.
    Eine Landschaft einfach traumhaft.
    Viele liebe Grüße
    Richard

  • Papa

    Das Warten hat sich gelohnt, Du hast Dich mal wieder selbst übertroffen, beim Radfahren, Fotografieren, Länder und Menschen erleben. Wir freuen uns, Dich virtuell begleiten zu können.
    Mama und Papa

  • Handan

    Liebe Anke, herzlichen Dank für die sehr beeindruckenden und wunderschönen Bilder :-).

    Mein Herz ging auf :-).

    Weithin gute Fahrt.

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