gen Osten,  Österreich

Linz und Mauthausen

20.+21.3.2023

Linz ist die erste größere Stadt, durch die ich in Österreich fahre. Sie ist mit ca. 200.000 Einwohnern die drittgrößte Stadt in Österreich (nach Wien und Graz) und Landeshauptstadt von Oberösterreich. Schön für mich ist, dass man direkt von der Donau in die Altstadt gelangt. Auf dem Hauptplatz, einem der größter Saalplätze Europas, begrüßt mich die Dreifaltigkeitssäule, eindrucksvolle 20 Meter hoch, die im Jahr 1723 vollendet wurde. Die Säule aus weißem Marmor wurde aus Dankbarkeit für die überstandenen Katastrophen und zum Schutz vor Feuersbrunst, Krieg und Pest errichtet. Kann ja nicht schaden, gilt vielleicht auch für Erdbeben und Covid! 😉

Hier liegt auch die Tourist-Information, die zu einem Rundgang zu Fuß rät. Ich bleibe trotzdem auf dem Fahrrad. Über Kopfsteinpflaster fahre ich im Schritttempo, vor dem Schloss versperrt mir eine Treppe den Weg.

Das Linzer Schloss thront hoch über der Stadt. Die erste bekannte Erwähnung des Gebäudes stammt aus dem Jahr 799. Es diente lange Zeit als Residenz von Kaisern und Grafen. Später wurde es als Lazarett und Kaserne genutzt, bevor es zum Schlossmuseum umgebaut wurde. Das Gebäude ist eine Symbiose moderner und historischer Architektur. An Stelle des im Jahr 1800 abgebrannte Südflügels wurde im Kulturhauptstadtjahr 2009 ein Stahl-Glas-Konstrukt eröffnet. 

Der Mariendom (Mariä-Empfängnis-Dom/Neuer Dom), ist die größte Kirche im Österreich, vom Fassungsvermögen her gesehen. Wunderbare Glasfenster zieren den 1924 fertiggestellten gotischen Dom, der Platz für 20.000 Personen bietet. 

Der Alte Dom dagegen gehört zu den vielen barocken Bauten der Stadt, in der Anton Bruckner lange gewohnt und gewirkt hat.

Nicht zuletzt ist die Stadt natürlich auch bekannt und namensgebend für die Linzer Torte, deren Rezept als das älteste bekannte Tortenrezept der Welt gilt. Kurz vor Geschäftsschluss schaffe ich es noch, mir ein Stück zu besorgen. Nach einer romantischen Fahrt durch die Dämmerung und Abendsonne an der Donau genieße ich es als Nachtisch. Heute finde ich zwei Bäume für meine Hängematte.

Am nächsten Morgen fahre ich am nördlichen Donauufer weiter. Der Himmel ist blau, die Sonne strahlt. Am Straßenrand steht ein Mahnmal:

Gequält – Gemordet

Gequält – Gemordet

Für die Installation setze ich Materialien, die für diese Zeit symptomatisch waren, ein, d.s: Stahl – Beton – Granit. Das Mahnmal nimmt Bezug auf die damalige Situation des Raumes St. Georgen – Gusen. Die Betonsteher für die elektrisch geladenen Zäune sind symbolhaft für das Stollenprofil (Bergkristall): Die Anordnung der Steher soll das Gefühl der Einkerkerung – der Unentrinnbarkeit ausdrücken. Gleich überdimensionalen Krallen umspannen sie den in Ketten gelegten Mensch. Der Granitblock ist ausgebildet als Opferstein, auf dem Abertausende einem mörderischen Wahnsinn geopfert wurden. Die auf der Oberseite des Blockes herausgehauene Schale mit den Blutrillen erinnert einerseits an die Seziertische im Lager, andererseits ist sie Kristallisationspunkt für Blut und Tränen der Opfer. Das Fundament – eine Stahlbetonplatte mit oben aufgelegtem Bewehrungsgitter, ist nur an einzelnen Stellen sichtbar. Ein fundamentaler Faktor für den „Erfolg“ dieses totalitären Systems war der Aufbau von klaren Machtstrukturen, die das Volk einem Netzwerk (Gitter) gleich umspannte. Gut getarnt durch Ablenkung (z.B. Aufbau von Feindbildern) war das Netz für die Masse nicht sichtbar, für manche erahnbar – die aber wurden aus dem Weg geräumt. Heute, am Beginn des neuen Jahrtausend – des Informationszeitalters – sind wir alle zu besonderer Wachsamkeit und Sensibilität aufgerufen. Ein globales Informationsnetz ermöglicht ungeahnten Fortschritt und Erfolg, birgt aber auch die Gefahr der unkontrollierbaren Manipulation und des Missbrauches.

R. Burger, April 2002

Ich bin berührt und beeindruckt. Besonders der letzte Abschnitt sollte uns allen in der heutigen Zeit bewusst sein. In den letzten Jahren war ich oft erschrocken, wie wenig Menschen bereit waren, nachzudenken, nachzufragen, zu diskutieren, andere Meinungen zuzulassen. Wie schnell sie bereit waren, Anordnungen zu folgen, zu urteilen, auszuschließen. Und ich bin dankbar für alle, die ihr offenes Denken, ihre offenen Arme und ihr offenes Herz bewahrt haben!

Ich mache mich auf zur Gedenkstätte des KZ Mauthausen. Steil geht es bergan. Es wurde hier 1938, kurz nach „dem Anschluss“ Österreichs erbaut, um die Häftlinge in den Granit-Steinbrüchen arbeiten zu lassen, später auch in der Rüstungsindustrie. Eine AudioTour führt mich durch das große Gelände. Beeindruckend ist der Denkmalpark, in dem seit 1946 Nationen Skulpturen hinterlassen, um zu erinnern, um zu mahnen!

Bis zu 84.000 Häftlinge waren hier. Es war das größte Österreichische KZ. Auf dem Fahrrad, das auf dem Bild zu sehen ist, machte sich ein polnischer Gefangener nach der Befreiung auf in seine Heimat. Er wollte nicht auf offizielle Wege warten und bekam es deshalb von Nonnen geschenkt. Sein Leben lang hat er es aufgehoben. Im Gedenkraum auf dem letzten Bild sind 81.000 Namen zu sehen. Alle bekannten Namen von Menschen, die hier ermordet worden.

Was ich gesehen, gelesen und gehört habe, lässt mich lange nachdenken.
Ich bin froh, dass die Sonne scheint. Die Wärme und das Licht tut gut! Wunderschöne Bilder entstehen durch die Spiegelung der Landschaft im Wasser der Donau. Nachts schlafe ich direkt zwischen Wasser und Deich.

4 Kommentare

  • Michael Weisker

    Ziemlicher Kontrast zwischen Schönheit und Grausamkeit, die zu denken gibt, aber leider lernt die Menschheit nicht aus ihren Fehlern.

  • Papa

    Vor 35 Jahren sind Ufke und ich an der Donau von Linz nach Wien und an Mauthausen vorbei gefahren. Vielleicht hätten wir doch die ca 100 Höhenmeter zur KZ Gedenkstätte hochfahren sollen.

  • Birgit Kreimer

    Bewundernswert!!!!
    Vielen Dank 🙏 für die tollen Bilder und Infos dazu.
    Ich wünsche dir weiterhin gute Reise und i
    freue mich, dass ich aus der Ferne dabei sein kann 🙋‍♀️

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