gen Osten,  Balkan

Die Donau in Serbien – Ost

7.-9.4.2023

Nach dem Verlassen von Belgrad (das ich bestimmt nicht zufällig aus Versehen einige Male Bukarest genannt habe), fahre ich durch eine Industriestadt nach der anderen. Öl-Raffinerien und andere Fabriken sorgen hier für viele Abgase und viel Verkehr. Irgendwo nach Belgrad habe ich die nächsten tausend Kilometer voll – ein zweiter Stern auf meinem Rad! Als später der Donau-Radweg, EuroVelo 6, (der zur Zeit parallel zum Iron Curtain Trail – EuroVelo 11 verläuft) ausgeschildert ist, freue ich mich auf eine ruhigere Strecke und folge dem Schild. Er führt über eine sehr schmale Brücke auf den rasenbewachsenen Deich.

Hier lässt es sich dieses Mal sehr schlecht fahren, so dass ich nach einer Weile auf einen Pfad abbiege, um wieder zurück zur Straße zu kommen. Unter und über umgestützten Ästen und kleinen Bäumen kämpfe ich mich durch und ende auf einem Industriegelände – hinter verschlossenem Tor! Ich schaue in alle Ecken: Feste Zäune, verschlossene Tore und Türen, unüberwindbare Gräben, drumherum Baracken und Müllhalden mit bellenden Hunden. Hier ist es selbst für mich nicht möglich herauszukommen. Sollte ich wirklich alles wieder zurück müssen?

Nach einer Weile fährt außen ein Mann im Auto vorbei, der es nach einer Viertelstunde schafft, einen Schlüssel für das Tor zu organisieren. Ich verstehe nur die Worte „Kljuç“ (= Schlüssel) und „Tourist“ aus seinem Gespräch und bin glücklich über die Befreiung!

Kurz danach ein neues Gatter, diesmal mit Pförtner in einem Haus mit der Aufschrift „Migration-Camp“. Er lässt mich hinaus und ich bin kurzzeitig froh, auf die Autostraße gelangt zu sein. Die Freude vergeht mir, als ich im Dunkeln und zwischen starkem Verkehr nach Pančevo zu Marko fahre, der mich hier beherbergen will. So etwas will ich eigentlich vermeiden, da es unnötig gefährlich ist. Aber ich komme heile bei Marko und seinen Tieren – großer Hund und 9 Katzen – an. Wir kochen zusammen den von mir mitgebrachten Spinat. Gemüse fehlt mir schon manchmal auf der Reise, so viel wie ich zuhause davon esse, bekomme ich hier nicht. Marko fährt jeden Tag mit seinem Rennrad die 20km auf der verkehrreichen Straße zu seiner Arbeit als Tierarzt. Das Haus hat er gerade erst bezogen, es gibt einen wundervollen Garten, aber noch wenige Möbel und Einrichtung. Doch wir behelfen uns mit dem, was da ist, teilen uns die Elektro-Heizung und er schafft es dann auch, meine SimCard zu aktivieren. Endlich wieder mobil online 😁


Ich bin dankbar für die zwei Nächte, vor allem die Gespräche mit „einheimischen“ Menschen suche ich, da sie ganz andere Einblicke in das Land und Leben hier geben. Doch sie bedeuten auch immer Organisation, Abstimmung und meist wenig Schlaf, so dass ich hinterher froh bin, wenn ich mich wieder auf die Straße begebe und die folgenden Abend wieder an dem Ort und zu der Zeit bleiben und schlafen kann, wo ich es möchte. So wie heute: Es ist trocken, Sterne funkeln über mir, der Vollmond scheint! Ich liege zwischen Plastikflaschen und anderen Müll friedlich am Ufer. Ähnliches kenne ich von meiner Balkan-Tour am Mittelmeerufer. Die Zivilisation hinterlässt Spuren, auch dort, wo sie nicht mehr ist. Mich beruhigt immer, dass die Sachen hier am Fluss wie auch am Meer schon tage/wochen/monatelang sauber gewaschen sind.

Weiter begleiten mich wundervolle Landschaft, kläffende Hunde in jedem Dorf und gutes Wetter. Die Friedhöfe liegen hier oft direkt an der Straße. Schwarze Grabsteine glänzen, auf jedem sind Fotos angebracht oder die Portraits eingraviert. Plastikblumen oft in Cellophan, schmücken die Gräber. Ich entdecke ein „Cyclist Guest House“, leider mittags, ich fahre weiter.


Mit einer kleine Fähre will ich bei Stara Palanka über die Donau. Da sie nur alle drei Stunden fährt, habe ich genügend Zeit für einen Kaffee auf der Terrasse des Restaurants am Ufer. Der Kellner Slobodan freut sich, dass er mit mir deutsch sprechen kann. An der Fähre treffe eine serbisch-schweizer Familie, die hier im Haus der Großeltern Urlaub macht und sich wärmeres Wetter wünscht. Und Josh: er ist zu Fuß unterwegs, im Februar in Leipzig los gegangen! Wie mit vielen Reisenden ist zwischen uns gleich eine Verbindung: man muss sich nicht erklären, man kennt sich. Wir beide genießen das! Josh freut sich schon den ganzen Tag auf eine Pizza im Imbiss am anderen Ufer. Ich setze mich zu ihm und trinke einen heißen Tee. Dann trennen sich unsere Wege: ich gehe zum Schlafen an den Fluss, er in den Wald.

Die Donau ist hier ab hier wieder zwischen Hügeln gelegen. Man merkt, dass das Eiserne Tor naht: die Orte werden touristischer, die Beschilderung nimmt zu, es gibt sogar einen Fahrradweg am Ufer!

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